Bosch hat ein ABS für Fahrräder entwickelt, Marktstart 2018, Preis ca. 500 Euro.
Käme für mich sehr in Frage.
http://www.spiegel.de/auto/fahrberichte/...58923.html
Käme für mich sehr in Frage.
"Schneller", kommt das Kommando von nebenan. Fahrradprofi Stefan Schlie gibt Anweisungen, das Tempo zu erhöhen. Mit 25 km/h strampele ich mit dem Pedelec auf ein Beet mit Zierschotter zu, um dann eine Vollbremsung hinzulegen. Schlie will das so. Tickt der nicht sauber?
Schlie steht im Dienste von Bosch. Der Autozulieferer, der im Diesel-Abgasskandal unter Druck geraten ist, stellt auch Antriebe für elektrisch unterstützte Fahrräder her. Und seit jüngstem ein Fahrrad-ABS - ein Anti-Blockier-System.
Ich ziehe beide Bremshebel des Pedelecs. Und? Das Fahrrad gleitet noch ein wenig gerade aus, ruckelt... Das Hinterrad hält Bodenkontakt, kein Reifen rutscht weg - das Bike steht fest wie eine Statue! Ohne ABS hätte Schlie womöglich den Krankenwagen rufen können. So ruft er lediglich: "Ist das nicht Spitze?"
Das erste ABS für Fahrräder
Tatsächlich funktioniert das ABS überzeugend. 1978 wurde das Anti-Blockier-System, das sich dem Prinzip der Stotterbremse bedient, erstmals bei Pkw eingeführt, in einer S-Klasse von Mercedes. Bei einer Notbremsung sorgt es dafür, dass die Räder nicht blockieren und das Fahrzeug lenkbar bleibt. Seit 2004 gehört es zum Standard aller Neuwagen in der EU, seit diesem Jahr gilt auch eine ABS-Pflicht für Motorräder.
Nun kommt mit dem Bosch System das erste ABS für Fahrräder. Zwar befindet es sich noch in der Testphase, aber schon ab Herbst dieses Jahres soll es in ausgewählten Flotten zum Einsatz kommen. Den Serieneinsatz an stromunterstützten Trekking- und City-Bikes plant der Zulieferer für 2018.
So funktioniert das ABS - YouTube-Film der Prüforganisation Dekra
Die Hardware für das ABS ist überschaubar und wiegt gerade einmal 800 Gramm. Unterhalb des Lenkers sitzt eine schwarze Steuerbox. Klar, der klobige Kasten könnte etwas hübscher und dezenter gestaltet sein. Doch ein Blick auf andere Zweiräder lässt für die Zukunft hoffen: 1994 wog das Steuergerät eines Motorrads 4,5 Kilo, heute sind es 0,5. Dementsprechend unauffällig kann die Technik mittlerweile ins Fahrzeug integriert werden. Auch die ersten Handys sahen im Vergleich zu Smartphones wie Dinosaurierknochen aus.
Vor jedem Start mit dem Pedelec leuchtet unterhalb des zentralen Displays ein ABS-Schriftzug auf. Wer Auto fährt, erlebt ein Déjà-vu. Erlischt die Anzeige, ist der Systemcheck erfolgreich abgeschlossen. Es kann losgehen, ab sofort fährt der E-Biker mit High-Tech-Schutz Rad.
An den Mehrkolben-Scheibenbremsen fürs Vorder- und Hinterrad sind zwei gelochte Sensorscheiben angebracht. Diese helfen den Raddrehzahlsensoren nahe der Bremskolben-Befestigung, die Geschwindigkeit zu ermitteln. Permanent messen sie die Lochstruktur und vergleichen so das Tempo der beiden Räder. Stimmt das nicht überein, registrieren sie beispielsweise Schlupf.
Doch was passiert genau in kritischen Fahrsituationen?
Droht das Vorderrad zu blockieren, etwa, wenn der Radler die Bremsen zu stark angezogen hat, regelt das ABS den Bremsdruck und sorgt so für mehr Fahrstabilität. Beim extremen Überbremsen des Vorderrads wiederum erkennen die Raddrehzahlsensoren ein Abheben des Hinterrads. Kurzzeitig reduziert das ABS die Bremskraft vorne, so dass das Hinterrad schnell wieder über Bodenkontakt verfügt. "So sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass der E-Biker sich überschlägt", erklärt Claus Fleischer, Geschäftsleiter Bosch eBike Systems. Natürlich gibt es keine hundertprozentige Sicherheit. Doch wer mit dem Bosch-System noch über den Lenker gehen will, muss extrem viel Pech haben.
Senioren lieben Pedelecs - und Rücktrittbremsen
Die Techniker stellte das Fahrrad-ABS vor besondere Aufgaben. Während im Auto und auf dem Motorrad die Fahrer weitestgehend stillsitzen, muss der Radler in der Software durch seinen hohen Schwerpunkt und seine Beweglichkeit besonders berücksichtigt werden, heißt es aus der Technikabteilung des Zulieferers. Diese Herausforderung scheint gemeistert.
"Wir haben das System auf La Palma getestet", erzählt Fahrradprofi Schlie. Volle Pulle bergab. Mit Tempo 70, Ganzkörperschutzkleidung. Und dann in die Eisen. Schlie blieb unfallfrei. Das Glück hat nicht jeder.
2016 gab es 628 Pedelec-Unfälle mit Personenschaden, 30 Prozent mehr als im Vorjahr. Nach zwei Studien kam die Bosch-Unfallforschung zu dem Schluss, jeder vierte Pedelec-Unfall könne mit ABS vermieden werden. Siegfried Brockmann, Leiter der Unfallforschung der Versicherer (UDV), hält die Annahme des Zulieferers für "zu optimistisch". Zwar zählt Brockmann zu den Fans des Fahrrad-ABS, doch die Realität würde Bosch einen Strich durch die Rechnung machen.
Seine Begründung: Auf den elektrisch unterstützten Rädern sitzen selten Extremsportler wie Schlie, sondern gerne auch Senioren. Sie schätzen den Rückenwind aus dem Akku besonders, um länger und schneller Rad zu fahren. Veränderung zu ihrem alten Drahtesel nehmen viele von ihnen aber ungern in Kauf und weigern sich, auf ein Fahrrad ohne Rücktrittbremse zu steigen. Da das ABS aber den Bremsdruck am Vorderrad reguliert, wäre das gewohnte Bremsen mit Hilfe des Rücktritts wirkungslos.
Bremskurse für Pedelec-Kunden
Brockmann sieht deshalb Händler und Hersteller in der Pflicht. Ihnen obliegt es, das unfallvermeidende ABS den Kunden schmackhaft zu machen. Etwa 500 Euro Aufpreis wird das ABS voraussichtlich kosten. Helfen können auch Kurse, die Radlern Mut machen, ihr Rad im Fall der Fälle angstfrei und kompromisslos zu stoppen.
Wer einmal erlebt hat, wie gut das Bosch ABS funktioniert, wird künftig beherzter die Bremshebel ziehen. Frei nach dem Motto: Damit sie auch in Zukunft noch kraftvoll in die Pedale treten können.
Käme für mich sehr in Frage.
http://www.spiegel.de/auto/fahrberichte/...58923.html
Käme für mich sehr in Frage.
"Schneller", kommt das Kommando von nebenan. Fahrradprofi Stefan Schlie gibt Anweisungen, das Tempo zu erhöhen. Mit 25 km/h strampele ich mit dem Pedelec auf ein Beet mit Zierschotter zu, um dann eine Vollbremsung hinzulegen. Schlie will das so. Tickt der nicht sauber?
Schlie steht im Dienste von Bosch. Der Autozulieferer, der im Diesel-Abgasskandal unter Druck geraten ist, stellt auch Antriebe für elektrisch unterstützte Fahrräder her. Und seit jüngstem ein Fahrrad-ABS - ein Anti-Blockier-System.
Ich ziehe beide Bremshebel des Pedelecs. Und? Das Fahrrad gleitet noch ein wenig gerade aus, ruckelt... Das Hinterrad hält Bodenkontakt, kein Reifen rutscht weg - das Bike steht fest wie eine Statue! Ohne ABS hätte Schlie womöglich den Krankenwagen rufen können. So ruft er lediglich: "Ist das nicht Spitze?"
Das erste ABS für Fahrräder
Tatsächlich funktioniert das ABS überzeugend. 1978 wurde das Anti-Blockier-System, das sich dem Prinzip der Stotterbremse bedient, erstmals bei Pkw eingeführt, in einer S-Klasse von Mercedes. Bei einer Notbremsung sorgt es dafür, dass die Räder nicht blockieren und das Fahrzeug lenkbar bleibt. Seit 2004 gehört es zum Standard aller Neuwagen in der EU, seit diesem Jahr gilt auch eine ABS-Pflicht für Motorräder.
Nun kommt mit dem Bosch System das erste ABS für Fahrräder. Zwar befindet es sich noch in der Testphase, aber schon ab Herbst dieses Jahres soll es in ausgewählten Flotten zum Einsatz kommen. Den Serieneinsatz an stromunterstützten Trekking- und City-Bikes plant der Zulieferer für 2018.
So funktioniert das ABS - YouTube-Film der Prüforganisation Dekra
Die Hardware für das ABS ist überschaubar und wiegt gerade einmal 800 Gramm. Unterhalb des Lenkers sitzt eine schwarze Steuerbox. Klar, der klobige Kasten könnte etwas hübscher und dezenter gestaltet sein. Doch ein Blick auf andere Zweiräder lässt für die Zukunft hoffen: 1994 wog das Steuergerät eines Motorrads 4,5 Kilo, heute sind es 0,5. Dementsprechend unauffällig kann die Technik mittlerweile ins Fahrzeug integriert werden. Auch die ersten Handys sahen im Vergleich zu Smartphones wie Dinosaurierknochen aus.
Vor jedem Start mit dem Pedelec leuchtet unterhalb des zentralen Displays ein ABS-Schriftzug auf. Wer Auto fährt, erlebt ein Déjà-vu. Erlischt die Anzeige, ist der Systemcheck erfolgreich abgeschlossen. Es kann losgehen, ab sofort fährt der E-Biker mit High-Tech-Schutz Rad.
An den Mehrkolben-Scheibenbremsen fürs Vorder- und Hinterrad sind zwei gelochte Sensorscheiben angebracht. Diese helfen den Raddrehzahlsensoren nahe der Bremskolben-Befestigung, die Geschwindigkeit zu ermitteln. Permanent messen sie die Lochstruktur und vergleichen so das Tempo der beiden Räder. Stimmt das nicht überein, registrieren sie beispielsweise Schlupf.
Doch was passiert genau in kritischen Fahrsituationen?
Droht das Vorderrad zu blockieren, etwa, wenn der Radler die Bremsen zu stark angezogen hat, regelt das ABS den Bremsdruck und sorgt so für mehr Fahrstabilität. Beim extremen Überbremsen des Vorderrads wiederum erkennen die Raddrehzahlsensoren ein Abheben des Hinterrads. Kurzzeitig reduziert das ABS die Bremskraft vorne, so dass das Hinterrad schnell wieder über Bodenkontakt verfügt. "So sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass der E-Biker sich überschlägt", erklärt Claus Fleischer, Geschäftsleiter Bosch eBike Systems. Natürlich gibt es keine hundertprozentige Sicherheit. Doch wer mit dem Bosch-System noch über den Lenker gehen will, muss extrem viel Pech haben.
Senioren lieben Pedelecs - und Rücktrittbremsen
Die Techniker stellte das Fahrrad-ABS vor besondere Aufgaben. Während im Auto und auf dem Motorrad die Fahrer weitestgehend stillsitzen, muss der Radler in der Software durch seinen hohen Schwerpunkt und seine Beweglichkeit besonders berücksichtigt werden, heißt es aus der Technikabteilung des Zulieferers. Diese Herausforderung scheint gemeistert.
"Wir haben das System auf La Palma getestet", erzählt Fahrradprofi Schlie. Volle Pulle bergab. Mit Tempo 70, Ganzkörperschutzkleidung. Und dann in die Eisen. Schlie blieb unfallfrei. Das Glück hat nicht jeder.
2016 gab es 628 Pedelec-Unfälle mit Personenschaden, 30 Prozent mehr als im Vorjahr. Nach zwei Studien kam die Bosch-Unfallforschung zu dem Schluss, jeder vierte Pedelec-Unfall könne mit ABS vermieden werden. Siegfried Brockmann, Leiter der Unfallforschung der Versicherer (UDV), hält die Annahme des Zulieferers für "zu optimistisch". Zwar zählt Brockmann zu den Fans des Fahrrad-ABS, doch die Realität würde Bosch einen Strich durch die Rechnung machen.
Seine Begründung: Auf den elektrisch unterstützten Rädern sitzen selten Extremsportler wie Schlie, sondern gerne auch Senioren. Sie schätzen den Rückenwind aus dem Akku besonders, um länger und schneller Rad zu fahren. Veränderung zu ihrem alten Drahtesel nehmen viele von ihnen aber ungern in Kauf und weigern sich, auf ein Fahrrad ohne Rücktrittbremse zu steigen. Da das ABS aber den Bremsdruck am Vorderrad reguliert, wäre das gewohnte Bremsen mit Hilfe des Rücktritts wirkungslos.
Bremskurse für Pedelec-Kunden
Brockmann sieht deshalb Händler und Hersteller in der Pflicht. Ihnen obliegt es, das unfallvermeidende ABS den Kunden schmackhaft zu machen. Etwa 500 Euro Aufpreis wird das ABS voraussichtlich kosten. Helfen können auch Kurse, die Radlern Mut machen, ihr Rad im Fall der Fälle angstfrei und kompromisslos zu stoppen.
Wer einmal erlebt hat, wie gut das Bosch ABS funktioniert, wird künftig beherzter die Bremshebel ziehen. Frei nach dem Motto: Damit sie auch in Zukunft noch kraftvoll in die Pedale treten können.