30.08.2011, 07:41
bluecat: schrieb:Qui bono?
Bei gesetzlichen Regelungen, die ein Grundrecht (persönliche Freiheit) einschränken, muss man sich immer die Frage stellen, ob die Einschränkung des Einzelnen mit einem öffentlichen Interesse begründet werden kann. Hinzu kommt, ob die Massnahme geeignet ist und ob sie verhältnismässig ist.
Also geeignet ist der Velohelm allemal, das scheint ausser Frage. Verhältnismässig ist die Massnahme auch. Das Velofahren wird nicht verhindert oder eingeschränkt. Warum nicht für alle Velos? Der Gesetzgeber sieht es wohl so, dass die Verhältnismässigkeit bei den schnellen E-Bikes (mit Mofa-Nummer) gegeben ist, darunter aber nicht.
Bleibt die Frage nach dem öffentlichen Interesse: Ich denke, dass die Prämienzahler der Unfall-Versicherungen, der IV und sonstiger ähnlicher Einrichtungen durchaus ein Interesse daran haben, dass es möglichst wenige schwere Verletzungen gibt, insbesondere Kopfverletzungen mit oft bleibenden Schäden. Auch die öffentliche Sicherheit (dazu zählt auch die Sicherheit im Strassenverkehr) dürfte durchaus als öffentliches Interesse herhalten.
Dazu ein weiterer Gedanke: Aus dem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit lässt sich durchaus eine Schutzpflicht des Staates seinen Bürgern gegenüber ableiten. Sämtliche Verkehrssicherheitsmassnahmen haben ja schliesslich das Ziel, dass weniger Menschen verletzt oder getötet werden.
Und übrigens ist es nicht möglich, auf diese Grundrechte zu verzichten nach dem Motto: Ich zahle im Zweifel meinen Hirnschaden selbst, fahre dafür aber ohne Helm
So nun noch ein kleiner staatsrechtlicher Ausflug: Die Regeln macht nicht die Verwaltung, sondern die Politik. Gesetzte werden vom National- und Ständerat verabschiedet. Das sind unsere gewählten Volksvertreter. Verordnungen werden - nachdem sie öffentlich konsultiert wurden - vom Bundesrat verabschiedet. Der Bundesrat wurde von National- und Ständerat gewählt. Die Verwaltung - in dem Fall der Velohelme das Bundesamt für Strassen - führt aus. Natürlich macht die Verwaltung Vorschläge, weil dort Experten am Werk sind - aber zwischen der Version der Verwaltung und der späteren Version im Gesetz liegen oft Welten.
Wenn wir uns also beklagen wollen, dann sollten wir uns das erstens gut überlegen und uns dann an die Damen und Herren wenden, die uns seit einer halben Ewigkeit schon von unzähligen penetranten Plakaten entgegen grinsen